Du liebst deine Familie. Aber du spürst: Sie liebt nicht alles an dir.

20.06.2025

Es ist kompliziert, oder?

Das Verhältnis zu deiner Familie ist vielschichtig. Du liebst sie und du willst natürlich dazugehören. Trotzdem liegt da oft etwas Unausgesprochenes, Verletzendes zwischen dir und deinen Eltern, Geschwistern oder Großeltern in der Luft. Vielleicht hast du dich schon vor Jahren geoutet. Vielleicht hast du dich nie getraut. In beiden Fällen kann deine Familie ein Ort sein, an dem du dich klein fühlst, irgendwie falsch oder einfach nicht ganz gewollt.

Gerade zwischen 30 und 60 trägst du viel mit dir herum: Verantwortung im Job, vielleicht eine Partnerschaft oder ein Freundeskreis, der dich auffängt. Und trotzdem wirst du im Familienkontext oft wieder zum Jungen, der sich fragt: "Bin ich so okay, wie ich bin?"

In diesem Beitrag geht es um deinen inneren Konflikt zwischen Loyalität und Selbstachtung. Es geht um Liebe, die wehtut und um Wege, wie du für dich selbst Frieden findest, auch wenn deine Familie nicht alles an dir versteht.

Was deine Herkunftsfamilie mit deinem Selbstbild macht

Deine ersten Erfahrungen mit Nähe, Zugehörigkeit und Wertschätzung hast du in der Familie gemacht. Wenn dort aber nie über Gefühle gesprochen wurde, wenn "anders sein" abgewertet oder verschwiegen wurde, dann wirkt das wahrscheinlich bis heute in dir nach. Das gilt auch wenn du im Job performst und dein Leben scheinbar im Griff hast.

Vielleicht trägst du innere Sätze mit dir herum wie:

  • "Ich darf nur dazugehören, wenn ich mich anpasse."
  • "Wenn ich ehrlich bin, werde ich verletzt."
  • "Ich muss mich beweisen, um geliebt zu werden."

Diese Prägungen zu erkennen, ist der erste Schritt, dich endgültig und vollkommen davon zu befreien.

Dein Coming-out: Bruch oder Befreiung?

War dein Coming-out ein Moment der Klarheit? Oder eher der Beginn einer vorsichtigen Distanz? Oder vielleicht sogar der Beginn von versteckter/offener Ablehnung? Vielleicht hast du Sätze gehört wie:

  • "Musst du das unbedingt allen unter die Nase reiben?"
  • "Wir akzeptieren das ja, aber erzähl es bitte nicht der Oma."
  • "Wir respektieren, dass du glücklich bist."

Klingt tolerant. Fühlt sich aber oft an wie: "Wir wollen damit nichts zu tun haben." Das tut verdammt weh und du bist leider nicht der Einzige, dem es so geht.

Du willst loyal sein. Aber auch frei.

Du fährst Weihnachten brav nach Hause, hilfst beim Umzug deiner Schwester, besuchst deinen Vater im Krankenhaus. Du willst da sein und gleichzeitig merkst du, dass du dich anpasst, viel runterschluckst und eine Rolle speilst. Da stellt sich die Frage: Wie viel davon ist Liebe und wie viel Angst vor Ablehnung?

Du darfst dich fragen:

  • "Was gibt mir dieser Kontakt wirklich?"
  • "Wo riskiere ich, mich vor lauter Rolle und Anpassung selbst zu verlieren?"
  • "Wie sieht Loyalität aus, die dich nicht krank macht?"

Die alte Welt versteht dich nicht – muss sie auch nicht

Vielleicht stammt dein Vater aus einer Zeit, in der Schwulsein ein Makel war. Vielleicht hat deine Mutter Angst, dass andere schlecht über die Familie reden. Vielleicht sagt niemand etwas, und genau das ist das Problem.

Du kannst Verständnis haben. Du darfst ihre Prägungen sehen. Aber du musst dich nicht kleiner machen, nur damit sie sich wohler fühlen.

Kontakt halten oder loslassen?

Vielleicht steckt ihr in einer stillen Vereinbarung. Ihr redet nicht über das, was euch trennt. Und bleibt verbunden, aber nur auf sicherem, oberflächlichem Terrain.

Aber wie lange willst du diesen Kompromiss noch tragen beziehungsweise ertragen? Was kostet es dich, immer wieder über dich selbst hinwegzugehen?

Manchmal führt auch kein Weg daran vorbei, Kontakte abzubrechen, wenn das der einzige Weg ist, dich selbst zu schützen.

Coaching kann dir dabei helfen, diese Fragen klar zu beantworten:

  • Was wünschst du dir wirklich von deiner Familie?
  • Was bist du bereit zu geben und was nicht mehr?
  • Wie kannst du deine Grenzen wahren, ohne im Groll zu leben?

Was du gewinnst, wenn du deine Geschichte aufarbeitest

Sobald du deine Familiengeschichte ehrlich anschaust, übernimmst du die Kontrolle. Du bist nicht mehr Spielball alter Gefühle und kannst neu wählen:

  • Ob du Kontakt möchtest, und wenn ja wie.
  • Was du brauchst, um dich sicher zu fühlen.
  • Wie du mit Enttäuschung und Trauer umgehen willst.

Und vor allem: Du kannst anfangen, dich selbst nicht mehr zu verleugnen, nur um dazugehören zu wollen.

Coaching-Impulse für deine Klarheit

Frag dich:

  • "Wo werde ich klein, wenn ich mit meiner Familie zusammen bin?"
  • "Welche Themen darf ich endlich ansprechen oder loslassen?"
  • "Was wäre ein selbstbestimmter Umgang mit meinen Wurzeln?"

Schreibübung: Der Brief, den du nie verschicken musst

Schreib einen ehrlichen Brief an deine Eltern oder Geschwister. Sag, was du spürst, was du dir wünschst und was du nicht mehr willst. Es geht nicht um die Reaktion der anderen. Es geht um deine Klarheit.

Tool: Wertekompass

Liste deine wichtigsten Werte auf: Offenheit? Respekt? Zugehörigkeit? Schau dann ehrlich auf deine Familie. Was davon bekommst du? Was bekommst du nicht? Was willst du zukünftig daraus machen?

Du darfst gehen. Du darfst bleiben. Aber bleib dir treu.

Familie kann ein Ort der Liebe sein oder des Schmerzes. Sehr oft ist sie beides. Du musst nichts verzeihen, was dich zerbricht. Aber du kannst entscheiden, wie viel Macht diese Vergangenheit zukünftig über dich haben soll.

Du bist nicht zu empfindlich. Du bist nicht schwierig. Du bist ein Mensch, der sich selbst ernst nimmt. Genau das ist der Anfang von echter Freiheit. Wenn du diesen Weg nicht allein gehen willst: Ich begleite dich. Ohne Druck, aber mit Tiefe.


Kontakt:
Christian Schultze – Lebensberatung für schwule/queere Männer mit Tiefgang
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Website: www.cs-insight-coaching.de